EPI – Europas letzte Chance auf ein paneuropäisches Zahlungssystem?

EPI steht für „European Payment Initiative“ und ist ein Zusammenschluss von europäischen Banken und Zahlungsdienstleistern. Ziel ist die Etablierung einer paneuropäischen Zahlungslösung auf Basis von Instant Payments (SCTInst) für Kunden und Händler, die mit einer eigenen Infrastruktur in die direkte Konkurrenz zu den großen Anbietern wie VISA, MasterCard sowie Alipay, PayPal und Apple Pay treten sollen.

Bestehende nationale Bezahlverfahren, wie paydirekt, Carte Bancaire und giropay dienen der EPI als Ausgangslage und sollen kurzfristig in EPI integriert werden. Unterstützt wird das Projekt von der europäischen Zentralbank und der europäischen Kommission. In Zeiten der Niedrigzinsphase ist es für Banken immer wichtiger geworden Profitquellen zu erschließen. Insbesondere beim Thema Zahlungsverkehr wurde es verpasst, eine europäische Lösung zu implementieren, die großen Unternehmen wie VISA oder MasterCard Marktanteile streitig macht. Europäische Projekte wie Monnet (2010) scheiterten und auch nationale Projekte wie Paydirekt (2014) konnten nicht die gewünschten Marktanteile erobern. Gleichzeitig haben Regulierungsbehörden gehandelt und Dritte in den Zahlungsprozess miteinbezogen. Global Player wie Apple (ApplePay), Alibaba (AliPay) und Paypal haben die Chance genutzt, sich im Zahlungsverkehr zu platzieren. Die Covid-19 Pandemie hat dem Thema Zahlungsverkehr, bedingt durch einen deutlich gestiegenen Anteil an bargeldlosen Zahlungen, einen zusätzlichen Schwung gegeben. Im Juli 2020 wurde das Projekt EPI von 16 Banken gestartet. Am 01.12.2020 wurde im nächsten Schritt die EPI Interim Company SE in Brüssel gegründet. Neben Großbanken aus Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Belgien, der Niederlande, Finnland und Polen konnten Ende 2020 zudem die großen Zahlungsabwickler Nets und Worldline für das Projekt gewonnen werden.

Die Chancen von EPI sind enorm

Nach aktueller Planung soll EPI 2022 in den Markt eintreten. Ziel ist es, EPI spätestens im Zeitraum von 2025-2028 im Markt zu integrieren. Geplant ist somit eine sanfte Integration und kein Big-Bang wie beispielsweise bei der T2/T2S-Konsolidierung. Verbraucher erhalten durch EPI in Kooperation mit ihrer Hausbank eine universelle Zahlungslösung über eine bekannte Schnittstelle. Der EPI-Zusammenschluss verfolgt das Ziel, mittelfristig die ganze Transaktion vom Bankkonto des Händlers inklusive der EPI eigenen Infrastruktur abzudecken. Hierfür soll eine Bezahlkarte entwickelt werden, die in physischer wie digitaler Form (EPI-Wallet) verwendet werden kann. Bankkarten sollen bei teilnehmenden Banken schrittweise durch EPI-Folgekarten ersetzt werden. Die Themen Instant Payment, P2P, E-Commerce und das Abheben von Geld sollen durch EPI abgedeckt werden. Zudem soll Instant Financing über die Hausbank-App einen Kundenmehrwert bringen. Hierüber sollen für anstehende Zahlungen unkomplizierte Konsumentenkredite angeboten und pay-later Optionen generiert werden. Händler können wiederum vom kosteneffizienten paneuropäischen System, gekoppelt an die notwendige Sicherheit und Zahlungsgarantien, profitieren.

Doch es gibt auch immer eine Kehrseite der Medaille…

Insgesamt werden für die Umsetzung des EPI-Projektes Investitionen in mehrstelliger Milliardenhöhe fällig. Entwicklungskosten fallen hierbei für Infrastruktur, Plattform und App an. Des Weiteren muss das Logo und die Marke am Markt platziert und die Bezahlkarte migriert werden. Kartenterminals müssen hierfür ausgetauscht und ein entsprechendes Akzeptanznetzwerk aufgebaut werden. Das Akzeptanznetzwerk sowie die Einung, Koordination und Abstimmung der vielen Parteien (Handel, Handelsverbände, Banken, Fintechs, EU-Kommission, europäische Zentralbank und die nationale Politik) stellt hierbei eine große Herausforderung dar. Vergangene Projekte (u.a. Monnet) scheiterten meist an der fehlenden Marktabdeckung. Diese muss von Beginn an gewährleistet sein. Zusätzlich muss allen Parteien und vor allem dem Endnutzer ein Vorteil geboten werden, der die anfallenden Wechselkosten überwiegt. An dieser Stelle entsteht zudem ein zusätzlicher Zielkonflikt, da Händler sich niedrigere Abgaben und Banken höhere Erträge wünschen. Auch hierfür werden insbesondere zu Beginn hohe Investitionskosten notwendig sein.

Wie geht van den Berg mit dem Thema um?

Wir verfolgen das Thema EPI sehr gespannt, um unseren Kunden auch bei dieser Thematik als kompetenter Partner zur Seite stehen zu können. Inwieweit eine mögliche Umsetzung von EPI Einfluss auf unsere Softwarelösung hat, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Wenn sich EPI als paneuropäische Zahlungslösung am Markt etabliert, so wäre dies neben dem klassischen SEPA-Zahlungsverkehr eine weitere Infrastruktur des Zahlungsverkehrs, für die van den Berg passende Lösungen für seine Kunden implementiert. Geplant ist, dass EPI als Instant Payment abgewickelt werden soll. Eine Anbindung an TIPS und RT1 ist daher gut möglich. Auch als Anbieter und Betreiber einer eigenen Instant Payments Lösung sehen wir der Umsetzung von EPI gespannt entgegen. Wir freuen uns darauf, unsere Kunden im Falle einer Umsetzung auch bei diesem Projekt zu begleiten.

Persönliches Resümee

Die Umsetzung eines paneuropäischen Zahlungssystem finde ich persönlich sehr interessant. Im Vergleich zu vergangenen Projekten stehen die Chancen aufgrund der höheren Unterstützung im Markt gut. Viele Banken haben als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie und die Niedrigzinsphase den Fokus auf den Zahlungsverkehr und mögliche Ertragsfelder intensiviert. Auch durch die Beteiligung großer Zahlungsdienstleister (Nets und Worldline) sowie in Bezug auf die Umsetzung auf Basis von Instant Payments, sehe ich das Projekt auf einem guten Weg. Das Projekt könnte dem Thema Instant Payments zudem zu einer höheren Interoperabilität am Markt verhelfen.

Unabhängig von den hohen Investitionskosten ist die entscheidende Frage jedoch, wie EPI im europäischen Zahlungsverkehr vom Kunden angenommen wird. Hierfür muss EPI von Beginn an eine hohe Marktdurchdringung erreichen und sich mit klaren Vorteilen gegen etablierte Marktteilnehmern behaupten. Auch wenn der europäische Gedanke hinter EPI sicherlich ein Argument für die Nutzung darstellt, wird es meiner Meinung nach schwierig sein, neue Kunden von anderen Marktteilnehmern zu gewinnen. Globale Zahlverfahren wie PayPal bieten neben einer hohen Sicherheit bereits viele Vorteile und Annehmlichkeiten. Die Gefahr, dass das Projekt am Ende nach großen Aufwänden bedingt durch zu geringe Akzeptanz scheitert, ist durchaus real. Nichtsdestotrotz befürworte ich persönlich den Versuch, sich als gemeinsames Europa von internationalen Zahlungsverkehrssystemen und Global Playern unabhängiger zu machen. Beim Blick auf die Zahlen (- 2020 hat der bargeldlose Zahlungsverkehr im Einzelhandel in Deutschland das erste Mal einen höheren Marktanteil erreicht als das Bargeld -) wird deutlich, dass man beim Kampf um Marktanteile nicht länger warten darf- EPI kann daher zurecht als letzte Chance für ein paneuropäisches Bezahlverfahren angesehen werden.

 

Quellen:

Der Autor

Lars Goerke
Business Analyst
Lars Goerke verstärkt seit Anfang 2021 das van den Berg Team. Der gelernte Bankkaufmann und Wirtschaftspsychologe ist er seit mehr als 8 Jahren im Bankenumfeld tätig. Bei van den Berg bildet er in seiner Rolle das Bindeglied zwischen Kundenanforderung und Entwicklung vor allem für Lösungen rund um den Instant Payments.
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